24.9.04

Sonne tanken

So herbstlich wie es momentan ist, bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als sich nach einer Alternative zu einem das Sparschwein brechen lassenden Urlaub in einer revolutionsgeplagten Bananenrepublik umzusehen.

Nicht, dass ich etwas gegen Revolutionen hätte, aber so mittendrin zu sein ist doch etwas anderes. So könnte in einem solchen Falle z.B. auf einer Urlaubspostkarte stehen:

Hallo Mama,

einen lieben Gruß aus Kackahiti. Die Hotels sind hier
gut in Schuss. Das große Feuerwerk der Artillerie kommt immer näher, was bei uns Urlaubern eine knallige Stimmung erzeugt.
Gestern wurde sogar der Mann vom Zimmerservice befördert und ist jetzt Staatspräsident.
Hätten wir ihm doch vorher mehr Trinkgeld gegeben!

Liberacion o
morte,

sie und ich

Um also solche Urlaubskarten zu vermeiden, musste ich mir fix etwas anderes ausdenken um nicht der herbstnahen Depression zu verfallen.

Nach reiflicher Überlegung wurde das Auto bestiegen und es ging nach vielen Jahren der Abstinenz ab zu meinem lokalen Sonnenbankdealer.

Wenn ich bloß gewusst hätte, was sich in all den Jahren verändert hat…

Vor mir steht an der Ladentheke eine etwas zu gut gebräunte, ca. 20 jährige Blondine, die eine verteufelte Ähnlichkeit mit dem gestern Abend von mir verspeisten Grillhähnchen hat.

Ich sage ihr, sie solle mir bitte ne Bank für Amateure zuweisen und schon habe ich sie:

Die neue Ergoline600!

Laut Hähnchen brauche ich mich nur drunter legen, das obere Teil der Bank runterziehen und schon geht alles von alleine. Cool! Dinge die von alleine gehen liegen mir doch am meisten.

Ich gehe in Raum Nr.4 und mache mich ne Runde nackig. Plötzlich fällt mir ein, dass ich neulich im Internet Spannerbilder gesehen habe, die durch ein Loch in den Wänden eines Sonnenstudios gemacht wurden. Klamotten wieder an und die Kabine gründlich durchsucht!

Noch immer mit einem mulmigen Gefühl strampele ich aus meinen Klamotten wieder raus, lege mich unter die Bank, ziehe das obere Teil wie angewiesen runter und warte.

Nichts tut sich…

Ich warte weiter und lausche den Klängen der Deutschland sucht den Superstar CD, welche mir zur Förderung des Unwohlseins über die bankinternen Lautsprecher aufgedrängt wird.

Nichts tut sich…

Ich bekomme ein ganz flaues Gefühl, wie ich da so nackig unter dem dunklen Toaster liege und in mir kommt der Gedanke auf, dass das dämliche Grillhähnchen an der Theke mich ganz schön verarscht hat. Von wegen geht von alleine an! Die steht jetzt bestimmt gerade vorne mit ihren fertig gegrillten Hähnchenkolleginnen und alle zusammen pinkeln sie sich in die Hose vor Lachen! Hahaha, den haben wir aber ganz schön dran gekriegt, den blöden Schneider. Der liegt doch jetzt tatsächlich nackig da drin und wartet das das Ding von alleine an geht.

Haha, da machen wir doch erst mal ein Foto durch das Loch in der Wand, dass er bei seiner oberflächlichen Suche nicht gefunden hat!

Ich will gerade wieder aufstehen und die Tante mal so richtig zusammen scheißen, da spricht Gott in Form einer beruhigenden, weiblichen Stimme zu mir:

Die Besonnung wird gestartet. Vielen Dank, dass sie sich für eine Ergoline600
entschieden haben.

Auch wenn ich bisher dachte Gott wäre ein Kerl, war´s mir wurscht und ich war ihr unheimlich dankbar mich aus dieser Situation gerettet zu haben.

Gott war zudem an diesem Tag unheimlich gesprächig und hat auf jeden Tastendruck, den ich auf die Steuerung der Bank ausübte sofort reagiert. So kam folgendes Gespräch zwischen ihr und mir zustande:

Schneider: Hallo Gott, schön dass du mir gerade den Arsch gerettet hast. Hätte mich sonst ganz schön blamiert.

Tastendruck

Gott: Gesichtsbräuner minus.

Schneider: Aha, wir sind heute also ein wenig mathematisch drauf?

Tastendruck

Gott: Lüftung plus.

Schneider: Jaha, recht hast du. Lüftung kann man nie genug haben. Ist ja auch ganz schön heiß hier drunter!

Tastendruck

Gott: Gesichtsbräuner plus.

Schneider: Gleich habe ich aber die Schnauze voll mit dem ewigen Hin und Her! Mal weniger Gesichtsbräuner, mal mehr Gesichtsbräuner. Ich glaube fast, dass die Dame mal wieder ihre Tage hat und ich es jetzt ausbaden muss!

Gott war beleidigt! Das ging zu weit! Umgehend schaltete sie die neue Ergoline600 ab und sagte in einem noch halbwegs freundlichen Ton:

Ihre Besonnung ist beendet. Vielen Dank für ihren Besuch.

Hmmm, freundlich aber bestimmt wurde ich also von ihr rausgeworfen.
Somit stieg ich von der Bank, zog mir meine Klamotten wieder an und wollte das Studio verlassen.

Im Rausgehen traf ich noch mal kurz auf das Grillhähnchen und sie fragte mich, ob es Probleme unter der Bank gegeben hätte.

Ich schaute sie nur kurz an, entdeckte mit viel Phantasie in ihr den Apostel Matthäus, sagte

Gott sei mit dir, mein Kind!


Und suchte das Weite…