26.8.04

Vorbereitet

Theoretisch müsste das schönste am Leben eines arbeitenden Menschen eine Situation sein, in der andere die Arbeit bereits erledigt haben. Nur mal rein theoretisch…

Dass das praktisch auch ganz anders aussehen kann musste ich feststellen, als ich mich kürzlich mit einem potenziellen Kunden getroffen habe, um einen möglichen Auftrag für eine Firmenwebsite zu besprechen.

Bereits beim Betreten des Lokals, welches wir als Treffpunkt nutzten, bemerkte ich ein hohes Maß an künstlerischer und intellektueller Atmosphäre und je weiter ich diesen Schwingungen folgte, desto mehr gelangte ich an den Tisch meines potenziellen Kunden.

Man begrüßte sich, das allgemeine Kartenspiel (sprich der Austausch der Visitenkarten) fand statt und schon begann Herr Müller (so sei der Kunde ab jetzt genannt) mir zu erzählen, dass er eigentlich im falschen Job arbeite.

Zeit seines Lebens wäre er gerne Grafikdesigner geworden und auch die Umsetzung der Firmenwebsite hätte er selbst übernommen, aber Termine, Termine, Termine…

Schon jetzt fühlte ich mich schwer an unseren Dieter erinnert, welcher mich seit der damaligen Geschichte fast wie ein Albtraum begleitet.

Immerhin habe ich Zeit gefunden schon einmal einen Entwurf der Website
vorzubereiten.

Diese Aussage des Herrn Müller ließ mich ein wenig zusammenzucken, dachte ich doch bisher ich wäre der Grafiker und er der Firmeninhaber. Ich fügte mich innerlich meinem Schicksal jetzt ein Maschinenbauunternehmer zu sein und als ich gerade mental dabei war aus der Firma eine AG zu machen, Unmengen an Geld zu veruntreuen und mich damit nach Venezuela abzusetzen, zog Herr Müller ein Blatt Papier aus der Tasche, welches meine Pläne unweigerlich in Richtung Karneval in Rio brachte.

Alle ca. 65.000 auf meinem Handydisplay anzeigbaren Farben waren auf dem Blatt Papier, welches sich schon bald als „der Entwurf“ entpuppen sollte, vereint und ergaben zusammen die Grundrisse einer Website wie sie für den Christopher Street Day nicht besser hätte geeignet sein können (et geht um die Farben Jungs, nicht um Euch!).

Und, was sagen sie?

Fragte mich Herr Müller ganz gespannt und mir fiel im CMYK-Rausch nur ein Wort ein:
Bunt!

Wie dem auch sei. Herr Müller wollte seinen Entwurf genau so ins Netz gestellt haben und es war definitiv unmöglich ihn davon abzubringen.

Um der professionellen Kollegialität noch einen drauf zu setzen war er sogar so freundlich mir die Originaldateien seines visuellen Ergusses mitzubringen und erläuterte mir, dass ich das Dokument nur kurz öffnen, den ein oder anderen Rechtschreibfehler eventuell korrigieren müsse und es dann direkt auf den FTP-Server schieben könne.

Es war für mich dringend an der Zeit Herrn Müller zu fragen, mit welchem Programm er die Datei denn erstellt habe, obwohl der kleine Teufel und das Engelchen auf meinen Schultern schon längst eine Wette darüber laufen hatten, welche der Teufel gewinnen sollte.

Hab ich in Powerpoint erstellt. Ist doch klar, dass sie sonst Probleme mit der
Konvertierung bekommen!

3 Kommentare:

  • Wie geil! ich kenn das von leuten mit ähnlich viel kenntnis von musik-machen haben wie der "Herr Müller" von Grafik...
    "ich hab da mal was vorbereitet" da stellen sich schon die nackenhaare auf und man muss das auch noch lächelnd ertragen...

    By Anonymous Anonym, at 11:41 PM  

  • Möge der Vogel der Freundlichkeit auf unserer Nase landen!

    Ist doch in allen Kreativbranchen gleich und wird uns mit Sicherheit noch häufiger passieren…

    Und dabei vermute ich hinter solchen Aktionen noch nicht einmal böses Denken, sondern eher ein Hilfsangebot.

    Wenn die wüssten! :-)

    By Blogger Heiko Schneider, at 2:38 AM  

  • Ja, hatte letztens das gleiche, sogar 2 Mal hintereinander!! Einmal für ne tolle Broschüre und einmal für eine Website, wobei mein Entwurf schon fertig war, als der damit kam!

    By Blogger Mareen, at 6:50 PM  

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